Dreams are my reality

(Vorsicht: lang!)

Die "Kidz" von heute verbringen immer mehr Zeit vor dem Computer. Rausgehen ist out. Die Teenies sind "Drinnies" (sagte mal einer der Tokyo Hoteler).
Zocken, chatten, online Freunde finden... Das Leben verlagert sich nach drinnen. Der Streit unter Geschwistern läuft dann nur ab, wenn nicht beide einen eigenen spielfähigen PC oder Lappi haben, mit dem sie ins Internet können. Wer kein ICQ oder ähnliches hat, ist eh out.

So wurde ich von Schülern schon öfter gefragt, ob ich denn auch ICQ habe und was meine Nummer sei. Ich frage mich, ob Schüler auch ohne sowas Interesse daran gehabt hätten, außerhalb der Schulzeit mit Lehrern Kontakt zu haben. Ich bezweifle es!
Da ich zu der Zeit kein ICQ hatte - und auch sonst meine Nummer nicht an meine Schüler weitergegeben hätte (weil ich einfach auch etwas Privatsphäre brauche und nicht am nächsten Tag gefragt werden möchte, was ich so lang "on" gemacht hätte) - war ich erst mal out. Aber damit kann ich leben. Aus dem Alter bin ich (zum Glück) schon raus. Aber die pubertierenden Coolhunters nicht. Im Gegenteil!

Besorgte Erwachsene beobachten mit zusammengezogenen Augenbrauen und der Stirn in Falten oben angedeutete Entwicklung. Große Befürchtungen stehen im Raume, dass die Sozialkompetenz so arg auf der Strecke bleibe. Die Realtiät verschwimmt.

Und dann "Second Live". Jeder kann sich, bzw. seinen Avatar so gestallten, wie er es möchte. Arme machen sich reich. Dicke machen sich eine Modelfigur. Hässliche sehen blendend aus. Schüchterne sind Draufgänger. Arbeitslose sind Manager. Saunauntensitzer gehen ganz nach oben.
Ein Traum!
Eine große Chance für die Benachteiligten, auch mal wer zu sein. Leute, die sonst nur in der Ecke stehen und unzufrieden mit sich und ihrem Leben sind, sind dank ihres Avatars beliebt und im Mittelpunkt jeder virtuellen Party. Vor Verehrern bzw. Verehrerinnen können sie sich kaum retten. Das kann das Selbstbewusstsein pushen. Kann eine Übung fürs Leben sein.
Dieses Spiel "Second Live" bereitet auf das Leben vor, so, wie es die Aufgabe eines Spiels ist.

Problematisch wird es, wenn man sich in der virtuellen Welt verliert. Wenn man nur noch da Freunde hat. Das gerade Beschriebe kann nämlich sehr schnell kippen. In der realen Welt klappt das Ganze nämlich plötzlich nicht mehr. Meistens jedenfalls. Da sind Arme arm, Dicke dick, Hässliche hässlich, Schüchterne schüchtern, Arbeitslose arbeitslos. Da merken sie schnell, dass die Zufriedenheit mit dem anderen, dem zweiten Ich zu tun hat. Und entfliehen der Realität.

Die Weichen dafür werden schon in der Kindheit gelegt, wo in der virtuellen Welt im Spiel so viel mehr möglich ist. Da können die Kleinen kämpfen und treten, wofür sie ansonsten Schimpfe kassieren würden. Sie können Dinge zerdeppern, denn es gibt keine realen Konsequenzen. Sie können Rennwagen fahren, Saltos machen, Einshockey spielen oder ins All zu einem Kampf berufen werden. Um wieviel langweiliger ist da die Realität??
Wie sollen Kinder auch lernen, was und wie die Wirklichkeit ist, wenn sie in ihren Computerspielen mehrere Leben haben und immer wieder von vorn anfangen können. Von Gewaltspielen ganz zu schweigen.
Und später, im Teenageralter, funktionieren die sonst so komplizierten Kontakte über Chat so viel einfacher. Man kann einfach Leute anquatschen und Leute ignorieren. Das funktioniert einfach per Mausklick. Um Freunde zu kontaktieren muss man nicht bei ihnen zuhause anrufen (denn da könnte ja auch jemand anders ran gehen, als der gewünschte Gesprächspartner), sondern trifft sich "on", oder schreibt halt eine SMS.

Um auf die besorgten Erwachsenen zurückzukommen: Die sitzen noch immer mit zusammengezogenen Augenbrauen und gerunzelter Stirn da und wettern über die Medien. Sie haben Angst um die Jugend. Sagen das Schlimmste voraus.

Die Frage ist nun folgende: Wie schlimm ist das alles? Oder ist diese Entwicklung eine eben solche, wie damals, als in den 50ern das verteufelte Rock'n'Roll samt den Dämonen Elvis & Co die Jugend verdarb?
Die ältere Generation hatte doch eigentlich schon immer größte Sorgen um "ihre" Jugend. Und noch immer lebt diese nächst jüngere Generation - und verfällt in die gleichen Muster, wie ihre "Alten", für die sie noch ein paar Jahre zuvor kein Verständnis hatten.
Der Fortschritt schritt von jeher fort.
Nicht trotzdem sondern wahrscheinlicher gerade weil die Jugendlichen so anders sind, als ihre Eltern, oder??

Also: Panikmache?? Allerdings sollten Entwicklungen wie die, dass Schulanfänger heutzutage zum Teil nicht mehr in der Lage sind, auf einem Bein zu hüpfen oder Stift und Schere zu packen (siehe Eltern 10/2007), durchaus Ernst genommen werden. Ob daran nur die Medien schuld sind, ist aber eine ganz andere Sache!

Über das Leben als Prosumer

Coolhunters in der Medienwelt

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